"Epoxidharze sind technisch ein geniales Teufelszeug. Viele Anwendungen sind erst möglich, seit es Epoxidharze gibt", kommt der Chemiker Rühl beinahe ins Schwärmen. Doch das Allergiepotenzial der Epoxidharzsysteme ist enorm. "Wer zwei Wochen mit Epoxidharzen umgeht und dabei nicht aufpasst, der hat seine Allergie", stellt Rühl weiter fest. Jährlich bestätigen die gewerblichen Berufsgenossenschaften rund 300 neue Epoxidharz-Erkrankungen, wohl wissend, dass längst nicht alle Fälle gemeldet werden. Einmal erkrankt, können Betroffene nicht mehr mit dem Stoff arbeiten. Viele müssen ihren Beruf für immer aufgeben. So zu lesen in einem sehr interessanten Artikel von Barbara Oberst, der am 18.09.2013 im Fachmagazin DeutscheHandwerksZeitung erschienen ist.
Doch auf Epoxidharze zu verzichten ist insbesondere im Flugzeugbau kaum vorstellbar und bei heutiger Bauweise auch nicht mehr möglich.
Während ausgehärtete Epoxidharze ungefährlich sind, lösen sie in feuchtem Zustand schon bei geringem Haut- oder Augenkontakt starke allergische Reaktionen aus. Massive Haut-Ekzeme an Händen und Beinen, aber auch an ungeschützten Körperpartien wie Gesicht und Nacken sind dabei die häufigsten Symptome.
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Persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist im Umgang mit Epoxidharzen also nicht nur zu empfehlen, sondern ein absolutes MUSS!!!
Doch selbst wer sich penibel genau an die Sicherheitsvorschriften hält und die einschlägigen Gefahrenhinweise und Sicherheits-Datenblätter beachtet, ist nach getaner Arbeit weiter gefährdet. Denn nicht nur bei der Verarbeitung der Materialien muss sorgsam vorgegangen werden; auch nach Fertigstellung eines Bauteils bzw. einer Reparatur. Eine besonders kritische Phase kommt in der Vereinswerkstatt zu einem Zeitpunkt auf uns zu, die leicht unterschätzt und nur all zu oft übersehen wird. Selbst wenn während der Arbeit verantwortungsvoll gehandelt und Schutzausrüstung getragen wird, fasst man beim nachfolgenden Aufräumen, Reinigen und Abtransport der Arbeitsmaterialien sowie beim Ausziehen der Schutzkleidung verschmutzte oder kontaminierte Gegenstände mit bloßen Händen an. Auf diese Weise kommen nicht nur wir selbst, sondern auch andere Personen, wieder mit dem "technisch genialen Teufelszeug" in Berührung. Ohne, dass wir dies natürlich wollen. Und wer realisiert schon die dabei versteckt lauernden Gesundheitsgefahren überhaupt?
Einen interessanten Erfahrungsbericht eines Betroffenen habe ich in einem Forum im Internet gefunden, den ich nachfolgend auszugsweise zitieren möchte und der (hoffentlich) zum allgemeinen Nachdenken anregt:
Epoxidharz ist ein bekanntes Allergen. Der eine reagiert früher, der andere später. Ich gehöre wohl zu der Gruppe in der Mitte. Nach nun 5 Boards (Surf-Boards) und diversen anderen Epoxy-Schmierereien, hat es mich erwischt. Nach den Arbeiten mit diesem geilen Zeug fingen meine Hände, Finger und Fingerzwischenräume fürchterlich zu jucken an. Sie schwollen an und es bildeten sich Wasserbläschen, die groß wie Maiskörner wurden. Der Juckreiz ist dabei so extrem, dass man sich nicht dagegen wehren kann. Man kratzt und kratzt, was die Sache aber nur noch schlimmer macht. Das Harz soll gut angelieren, damit man "nass in nass" arbeiten kann. Wie wird es getestet? Ganz klar, mal eben an ´ner Ecke mit dem ungeschützten Finger drauftippen ob es schon gut ist. Und schon wieder Harz auf der Haut. Genau so lief es bei mir, genauso läuft es bei den meisten Leuten die ich kenne! Nehmt die Gefahr bitte ernst!!!!!
Ich weiss nicht, ob ich überhaupt je wieder mit dem Zeug arbeiten kann. Die Prognose sieht verdammt schlecht aus. Und das nur, weil ich zu lasch mit dem Zeug umgegangen bin. Und weil ich es nicht wusste!!! |
Den ganzen Thread mit Reaktionen und weiteren "Negativ-Erfahrungen" anderer Surfboard-, Modell- Schiffs- und Segelflugzeugbauer, kann (sollte) man einmal bei oase.com abrufen. Eine eindrucksvolle Beschreibung des Problems, wie es sich immer wieder bei der Verarbeitung von Epoxidharz-Systemen in vielen Vereinswerkstätten abspielen dürfte. Insbesondere in den Wintermonaten, in denen man bei der Arbeit ungern Türen und Fenster öffnet!
Epoxidharze L 285 & L 385 mit den dazu gehörenden Härtern und Reaktivverdünnern, sind vom LBA zugelassene Laminierharzsysteme mit variablen Topfzeiten, geeignet für die Verarbeitung von Glas-, Kohlenstoff- und Aramidfasern. Zugelassen für den Bau und die Reparatur von Segelflugzeugen, Motorseglern und Motorflugzeugen. Dabei dürfte es sich um die gebräuchlichsten Epoxidharz-Systeme in unseren Vereinswerkstätten handeln, die bei Reparaturen und dem Bau von Flugzeugteilen oder ganzen Flugzeugen verwendet werden.
Üblicherweise lernen in unseren Werkstätten die Jungen von den Alten, die Vereins-Neulinge von den Vereins-Fossilen. Und die Jungen und Neuen gehen dabei ganz selbstverständlich davon aus, dass die Alten Hasen wissen was sie tun. Dass die, das was sie machen und ihnen somit vormachen, natürlich richtig ist. Und beim Vormachen ist natürlich nicht nur wichtig, dem "Nachwuchs" zu zeigen was man macht und wie man es macht, sondern auch verständlich erklärt, warum man etwas so und nicht anders macht. Warum man es gar nicht anders machen sollte, gar nicht anders machen darf! Der eigenen Gesundheit zuliebe! Klingt kompliziert. Doch nur wenn mir einer erklärt warum ich was wie machen soll, aus welchen Gründen ich es gar nicht anders machen sollte/darf bzw. welchen Gefahren bei der Arbeit auf mich lauern, ist der "Neuling" auch bereit, den auf den ersten Blick in seinen Augen vielleicht umständlicheren Weg auch mit zu gehen. Persönliche Schutzausrüstung zu benutzen. Vom Beginn der Arbeit bis zum Schluss. Und Schluss bedeutet in diesem Fall, bis alles wieder ordentlich im Materialschrank verstaut ist.
Ein gängiger Weg z. B. wäre, dem technischen Nachwuchs in der Vereinswerkstatt auch einmal die Sicherheits-Datenblätter für die zum Einsatz kommenden (Gefahr)Stoffe zu erläutern. Nicht nur an den Materialschrank oder an irgend eine Pinnwand in der Werkstatt zu hängen! Ohne Kenntnis und Aufklärung über die lauernden gesundheitlichen Gefahren, werden sinnvolle Arbeitsschutzrichtlinien und Gefahrenhinweise all zu leicht missachtet oder aus Bequemlichkeit einfach in den Wind geschlagen. Denn für Jugendliche, Vereins-Neulinge und Ungeübte sind die Sicherheits-Datenblätter auf den ersten Blick ein Buch mit sieben Siegeln. Nur sehr schwer bis überhaupt nicht zu verstehen. Beim ersten Blick auf diese schwer verdauliche Lektüre entsteht auch schnell der Eindruck, dass wohl alles nur halb so schlimm sei und man getrost auf die eine oder andere (umständliche) Schutzausrüstung verzichten kann. Schließlich steht da nichts von giftig, krebserzeugend oder explosiv.
An zwei Beispielen, den bei uns üblichen Epoxidharz-Systemen L 285 & L 385, soll dies einmal verdeutlicht werden.
Epoxidharz L 285 |
Epoxidharz L 385 |
EG-Sicherheitsdatenblatt 1. Bezeichnung des Stoffes oder des Gemisches
Epoxidharz L285
2. Mögliche Gefahren Einstufung
Gefahrenbezeichnungen:
R-Sätze:
3. Zusammensetzungen / Angaben zu Bestandteilen
Chemische Charakterisierung (Gemisch)
4. Erste-Hilfe-Maßnahmen
Allgemeine Hinweise
Nach Einatmen
Nach Hautkontakt
Nach Augenkontakt
Nach Verschlucken
5. Maßnahmen zur Brandbekämpfung Geeignete LöschmittelKohlendioxid (CO2) Löschpulver Wassersprühstrahl Größeren Brand mit Wassersprühstrahl oder alkoholbeständigem Schaum bekämpfen
Aus Sicherheitsgründen ungeeignete
Besondere Gefährdungen durch den Stoff oder
Besondere Schutzausrüstung bei der Brand-
Zusätzliche Hinweise
.....
15. Rechtsvorschriften
Kennzeichnung
R-Sätze S-Sätze
23 Gas/Rauch/Dampf/Aerosol nicht einatmen |
EG-Sicherheitsdatenblatt 1. Bezeichnung des Stoffes oder des Gemisches
Epoxidharz L385
2. Mögliche Gefahren Einstufung
Gefahrenbezeichnungen:
R-Sätze:
3. Zusammensetzungen / Angaben zu Bestandteilen
Chemische Charakterisierung (Gemisch)
4. Erste-Hilfe-Maßnahmen
Allgemeine Hinweise
Nach Einatmen
Nach Hautkontakt
Nach Augenkontakt
Nach Verschlucken
5. Maßnahmen zur Brandbekämpfung
Geeignete Löschmittel
Aus Sicherheitsgründen ungeeignete
Besondere Gefährdungen durch den Stoff oder
Besondere Schutzausrüstung bei der Brand-
Zusätzliche Hinweise
..... 15. Rechtsvorschriften
Kennzeichnung
R-Sätze
S-Sätze |
Wie man an den fehlenden Punkten 6-14 problemlos erkennen kann, sind die beiden zuvor wiedergegebenen Sicherheitsdatenblätter für die Epoxidharzsysteme L 285 & L 385 lediglich auszugsweise wiedergegeben. Im Original füllen diese 7 bzw. 8 DIN A-4 Seiten! Eine Möglichkeit zum Download der kompletten EG-Sicherheitsdatenblätter findet sich am Ende des Textes.
In einer ganz anderen Liga spielt z. B. das Trennmittel Semiperm® Monofilm, das bei der Herstellung von Faserverbund-Bauteilen verwendet wird, um das ausgehärtete Bauteil von der Form trennen zu können.
Spätestens beim ersten Auftrag des dünnflüssigen Trennwachses mittels Baumwolllappen auf die Form, signalisiert der unangenehm "beißende" Gestank" jedem halbwegs sensiblen Menschen "Gefahr". Hierbei dürfte jeder schnell und freiwillig für eine gute Raumlüftung durch das Öffnen von Fenstern und Türen sorgen, selbst bei Außentemperaturen weit unter Null.
Sechs Gefahrenhinweise sowie 17 Sicherheitshinweise sind im dazu gehörenden EU-Sicherheitsdatenblatt zu finden, die nicht nur auf die leichte Entzündbarkeit der Flüssigkeit und der entstehenden Dämpfe hinweisen, sondern auch darauf, dass nur explosionsgeschützte elektrische Betriebsmittel und Beleuchtung verwendet werden darf, Schutzhandschuhe, Schutzkleidung, Augen- und Gesichtsschutz zu tragen sowie bei Verschlucken sofort das Giftinformationszentrum anzurufen ist.
- Kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein
- Kann Lungenschäden verursachen
- Kann die Atemwege reizen
- Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen
- Kann zu spröder oder rissiger Haut führen
- Kann in Gewässern längerfristig schädliche Folgen haben
Und das auf den ersten Blick etwas verharmlosende Wörtchen "KANN", kann getrost durch "WIRD" ersetzt werden. Alles nur eine Frage der Zeit und der Wiederholungen.
Sicherlich könnte man ein Buch darüber schreiben, wobei es Bücher dieser Art natürlich auch schon gibt. Sind aber leider keine Bestseller, die man sich unbedingt gerne einmal "reinziehen" möchte. Sinnvoll wäre dies auf jeden Fall.
Sowohl der Technische Leiter eines Luftsport-Vereins, aber auch die Werkstattleiter und Zellenwarte tun sicherlich gut daran, sich mit den Sicherheitsdatenblättern der in der Werkstatt verwendeten Gefahrstoffe einmal detailliert auseinander zu setzen. Diese lediglich an den Materialschrank oder an einer Pinnwand in der Werkstatt "anzuheften", nach dem Motto "kann ja jeder lesen", reicht im Schadensfall juristisch sicherlich nicht aus. Aus diesem Grunde wäre auch der Vereinsvorstand gut beraten, den "Umgang mit Gefahrstoffen in der Vereins-Werkstatt" einmal im Jahr zum Schulungsthema im Verein zu machen. Nicht nur für das Werkstattpersonal, sondern auch für alle übrigen Vereinsmitglieder. Dabei geht es nicht darum, die gesamten Sicherheitsdatenblätter nacheinander und in allen Einzelheiten vorzulesen, sondern am Beispiel eines Sicherheitsdatenblattes, allgemeinverständlich und plakativ, auf die Gesundheitsgefahren beim Umgang mit Gefahrstoffen (Harze/Härter/Verdünner/Lacke usw.) und das Tragen vorgeschriebener Schutzausrüstung eindringlich hinzuweisen. Sicherlich ein gangbarer Weg.
Nur wer in der Lage ist zu erkennen, welche Gefahren in der Vereinswerkstatt lauern und wie man sich vor diesen schützen kann, der wird ganz sicher schon im eigenen Interesse auch bereit sein, sich darüber zu informieren und vorhandene Schutzausrüstung zu benutzen. Dass seitens des Vereins natürlich auch dafür Sorge zu tragen ist, dass die erforderliche Schutzausrüstung in genügender Menge vorhanden und für die Mitglieder zugänglich ist, braucht an dieser Stelle wohl nicht extra betont zu werden.
Nicht alle Lieferanten fügen ihren Gefahrstoff-Lieferungen auch entsprechende Sicherheitsdatenblätter bei oder hinterlegen diese zum Download auf ihrer Website. Beispielhaft ist hierbei die R&G Faserverbundwerkstoffe GmbH in Waldenbuch bei Stuttgart, bei der ich üblicherweise meine ganzen Materialien bestelle. Die R&G Faserverbundwerkstoffe GmbH stellt auf deren Internetseite zu allen angebotenen Produkten Sicherheitsdatenblätter zum freien Download zur Verfügung.
EG-Sicherheitsdatenblatt Epoxydharz L 285
EG-Sicherheitsdatenblatt Härter 285
EG-Sicherheitsdatenblatt Epoxydharz L 385
EG-Sicherheitsdatenblatt Trennwachs
Neben Sicherheitsdatenblättern stellt die R&G Faserverbundwerkstoffe GmbH aber auch Verarbeitungshinweise für Laminier- und Gießharze, Gelcoats und Formenharze auf Epoxidbasis zur Verfügung, die man sich unbedingt einmal herunterladen sollte.
Verarbeitungshinweise für Epoxid-Harze & Gelcoats
Was die Herstellung von Formen und Bauteilen betrifft, so gibt es dort außerdem interessante Lehrmaterialien in Form von Büchern und DVD´s, wobei einige davon auch in YouTube hinterlegt und dort frei abrufbar sind. Auch diese Quellen sollte man natürlich nutzen, um Enttäuschungen sowie zeitintensive und ggf. kostspielige "Fehlbauten" zu vermeiden.
Klaus Burkhard
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